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«Wir waren eine verrückte 48er-Truppe»

Bernhard Russi gehörte zu den besten Skirennfahrern seiner Zeit und ist einer der bekanntesten Schweizer. Russi gewann eine olympische Goldmedaille und zwei Weltmeistertitel. Nach seiner Sportlerkarriere betätigte er sich als TV-Kommentator und Pistenbauer. Sein Jahrgang: 1948.

Bernhard Russi, wie viel Zeit Ihres Lebens waren Sie unterwegs?

Ich habe keine Buchhaltung geführt, schätze aber mindestens zwei Drittel.

Sie gehörten zu den besten Skirennfahrern Ihrer Zeit und reisten oft. Wie wichtig war das Auto damals für Sie?

Das Auto war unser zweites Zuhause. Skistationen waren meistens nur müh­sam und zeitaufwendig mit dem öffent­lichen Verkehr zu erreichen. In Europa (ausser in Skandinavien) waren wir aus­ schliesslich mit dem Auto unterwegs.

Waren die Strassen damals anders im Vergleich zu heute?

Es gab klar weniger Autobahnen, dafür auch nicht so viel Verkehr. Auch gab es weniger Geschwindigkeitsbeschränkungen, was teilweise in unverantwortli­cher Raserei ausartete. Ich beanspruch­te viel Glück bei einem Selbstunfall in der Nähe von Zernez.

Nach Ihrer aktiven Karriere als Sportler machten Sie sich einen Namen als Pistenbauer und planten viele Abfahrtspisten, auch olympische. Was macht eine ideale Abfahrtspiste aus?

Sie sollte den Bedingungen und dem Charakter des Bergs angepasst sein. Möglichst naturbelassen, mit zwei, drei klaren Schlüsselstellen.

Sehen Sie Parallelen von einer guten Skipiste zu einer guten Strasse?

Nein. Eine gute Strasse wäre keine gute Rennpiste. Klar soll die Rennpiste keine Löcher aufweisen, aber unruhig darf sie sein. Das steigert die Attraktivität.

Sie sind noch immer sportlich unterwegs …?
Heute bin ich weniger auf flachen, brei­ten Pisten unterwegs und mache lieber Skitouren. Ich bevorzuge die Ruhe und das Abenteuer abseits der Piste.

Wie verkraftete Ihr Körper die Sportlerkarriere? Zwickt es heute überall?

Einige böse Crashs haben dem Rücken und den Knien geschadet. Ich frage mich aber, wie mein körperlicher Zu­ stand heute wäre, wenn ich keinen Spit­zensport betrieben hätte. Ich möchte nicht tauschen.

Dem Weingut Château Mouton Rothschild gelang 1948 ein Spitzenwein, allgemein war der Jahrgang für den Weinbau eher durchzogen. Wie schätzen Sie Ihren Jahrgang ein?

Den Château Mouton Rothschild 1948 durfte ich bereits degustieren. Ja, der war speziell. Wir waren eine verrückte 48er­-Truppe, die den Drang in die Skinationalmannschaft hatte: Walter Tresch, René Berthod, Manfred Jakober und ich. 1948 muss ein guter Jahrgang sein, wenn Leute wie King Charles III., Olivia Newton­ John und Cat Stevens in diesem Jahr geboren sind.

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