Umfrage: Urs-Peter Zwingli
Manfred Huber
Tiefbauamt des Kantons St.Gallen, Leiter Strassen- und Kunstbauten
«Das Handbuch zum öffentlichen Beschaffungswesen im Kanton St.Gallen enthält keine expliziten Aussagen zu ökologischen Kriterien. Der korrekte Umgang mit Natur und Umwelt wird in Form von Besonderen Bestimmungen und dem Kontrollplan Umwelt als Bestandteil der Submissionsunterlagen sichergestellt. Dabei werden für sämtliche umweltrelevanten Bereiche wie Luft, Altlasten, Boden, Grund- und Oberflächenwasser usw. Vorgaben gemacht. So werden zum Beispiel mit dem Entsorgungskonzept die fachgerechte Entsorgung von Bauabfällen sichergestellt oder Schutzmassnahmen zugunsten von Grund- und Oberflächenwasser im Rahmen des Entwässerungskonzepts aufgezeigt. Die Einhaltung der Gesetze und Vorschriften wird während des Baus durch eine externe Umweltbaubegleitung geprüft. Neben der Inspektion geht es dabei auch darum, unter den Beteiligten einen Wissensaustausch zu fördern und auf Umweltrisiken aufmerksam zu machen.
Beim Tiefbauamt des Kantons St.Gallen wird bei der Ver-
gabe der Preis bewusst tief gewichtet. Damit erhalten die Kriterien Qualität und Erfahrung einen höheren Stellenwert. Zur Qualität gehört unter anderem ein Terminprogramm, bei dem Unternehmer Optimierungen aufzeigen müssen. Durch gute Planung wird beispielsweise die Anzahl Transportfahrten verkleinert oder die Bauzeit verkürzt.
Recyclingbaustoffe sind für uns in Bezug auf einen schonenden Umgang mit den verfügbaren Ressourcen ein wichtiges Thema. Bei der Umfahrung Bütschwil wurden anstelle eines ungebundenen Kiesgemisches rund 8000 Tonnen Heissmischfundation ACF 32 eingebaut.
Durch den hohen Recyclinganteil konnte damit eine grosse Menge Ausbauasphalt wiederverwendet werden. Grundsätzlich basieren unsere Ausschreibungen auf den aktuellen Schweizer Normen. Innovative Technologien, wie etwa Niedertemperaturasphalt und Asphalt mit deutlich erhöhtem Recyclinggehalt, sind teilweise noch nicht in diese Normen eingegangen. Hier besteht Nachholbedarf, denn für Verfahren und Materialien, die nicht normiert sind, müssten wir als Bauherr die Garantien tragen. Dennoch unterstützen wir den versuchsweisen Einsatz neuer Technologien. In Wittenbach haben wir beispielsweise auf der Kantonsstrasse eine Fundationsschicht aus recyceltem Betongranulat einbauen lassen und beobachten nun, wie sich diese unter Belastung verhält. Das revidierte öffentliche Beschaffungsrecht, das ab 2021 gilt, wird Fragen der Qualität und der Nachhaltigkeit deutlich stärker gewichten. Es lohnt sich deshalb für uns, uns bereits jetzt eingehend mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.»
Die Vergabepraxis des Thurgauer Tiefbauamts stand im Herbst 2019 in der Kritik:
Es wurden anonyme Vorwürfe aus der Baubranche laut, das Tiefbauamt (TBA) würde eine Firma bei der Auftragsvergabe bevorzugen. Eine Prüfung durch die Finanzkontrolle sowie einen externen Experten entlastete das TBA von den Vorwürfen.
Dennoch wurde die Kantonsverwaltung aktiv: Das TBA begann eine Überarbeitung seiner Richtlinien für die Arbeitsvergaben. Während der Recherche für diese aktuelle der asphaltprofi-Ausgabe waren diese Arbeiten noch im Gange. Kantonsingenieur Andy Heller wollte aufgrund dieses laufenden Prozesses keine Aussagen zur Vergabepraxis machen.
Andy Heller
Tiefbauamt des Kantons Thurgau, Amtsleiter
Andreas Forrer
Landesbauamt Kanton Appenzell Innerrhoden, Amtsleiter
«Im Moment überwiegt bei der Auftragsvergabe die Bedeutung der wirtschaftlichen Kriterien klar vor den ökologischen. Unsere Ausschreibungen für Bauarbeiten
sind immer noch ‹klassisch› aufgebaut: Preis, Qualität (Referenzen), Termine. Bei Planungsleistungen setzen wir die Qualität klar über den Preis. Wir versuchen aber, sukzessive ökologische Themen in unsere tägliche Arbeit einzubauen. Aufgrund der geringen Ressourcen gelingt uns das nur sehr langsam. Transportwege etwa werden bisher nicht explizit berücksichtigt.
In der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen des Kantons Appenzell Innerrhoden sind die Zuschlagskriterien definiert. Zuoberst stehen die erwähnten ‹harten› Kriterien. Es sind aber auch Innovationsgehalt und Umweltverträglichkeit festgeschrieben. Im Moment geht es bei uns darum, diese Kriterien zu konkretisieren und in die künftige Bewertung zu implementieren. Dies ist in kleinen Organisationen, wie wir eine sind, eine grosse Aufgabe.
Wir möchten grundsätzlich die Verwendung von Recyclingmaterialien fördern, nicht nur beim Asphalt. Auch wir kennen die Deponieproblematik und sind der Meinung, dass wertvolle Baumaterialien aufbereitet und wiederverwertet werden müssen. Es fehlt uns aber an Wissen und Ressourcen, um diesbezüglich voranzuschreiten und Anforderungen festzulegen. Daher sind wir auf die Erkenntnisse grösserer Kantone angewiesen, um nachzuziehen.»
«In der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen des Kantons Appenzell Ausserrhoden sind die Zuschlagskriterien aufgelistet. Die Umweltverträglichkeit wird explizit erwähnt. Das Kriterium ‹Ökologie› wurde anlässlich eines Lieferauftrags geprüft, letztlich aber verworfen. Bei der Beurteilung wurden verschiedene Kriterien geprüft, darunter Distanz um Einsatzort, CO2-Emissionen von Fahrzeugen, Abgasnormen. Saubere Bilanzen können kaum erstellt werden; eine Überprüfung von Fahrwegen und Fahrzeugen war nicht möglich. Mit der Revision der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen steht ein Wandel bevor. Wir werden prüfen, ob wir etwas ändern müssen.
In Bezug auf Recyclingasphalt kann ich sagen, dass wir bei den Tiefbauunternehmungen mehrheitlich normierte Beläge für unsere Kantonsstrassen bestellen. Die Anteile an Recyclingmaterial sind in den normierten Belägen festgelegt. Fällt auf einer Baustelle überschüssiges Belags-material an, so prüfen wir den Einsatz einer Asphaltfundationsschicht in Kaltbauweise.
Wir verlangen von unseren Anbietern eine Gesamtlösung. Das bedeutet, dass der Unternehmer den Entsorgungsweg bzw. die weitere Verwendung des ausgebauten Materials bekannt geben muss, sprich, er braucht eine Abnahmebestätigung für den Ausbauasphalt. So stellen wir sicher, dass das Material einer korrekten Folgenutzung zugeführt wird.
Bisher keine Erfahrungen haben wir mit Warmasphalt. In unserer Höhenlage mit viel Wind ist das nicht so einfach. Sobald ein geeignetes Objekt vorliegt, werden wir das prüfen. Geeignet wäre ein Abschnitt mit geringen Fahrzeugfrequenzen.
Wir haben wenig hochkomplexe Bauvorhaben. Der vom Anbieter vorgeschlagene Bauablauf wie auch die Bauzeit fliessen allerdings immer in die Bewertung der Angebote ein. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird die Termineinhaltung bewertet. Die Bewertung von ausgeführten Objekten nutzen wir für die Beurteilung der Angebote von weiteren Aufträgen.»
Urban Keller
Tiefbauamt Kanton Appenzell Ausserrhoden, Kantonsingenieur
Marco Caminada
Amt für Bau und Infrastruktur Fürstentum Liechtenstein, Abteilungsleiter Tiefbau
«Bei den ökologischen Vorgaben halten wir uns an die Umweltgesetzgebung. Diese ist Basis unserer Ausschreibungen. Darüber hinaus haben wir keine umweltspezifischen Vergabekriterien. Im Normalfall erfolgt die Vergabe ausschliesslich über den Preis. Gemäss Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen könnten umweltbezogene Aspekte in die Vergabekriterien einfliessen. Da die Vergaben über den Preis erfolgen, ist es nicht zweckmässig, als einziges Zusatzkriterium die Ökologie zu bewerten. Darum werden auch Transportwege bei der Vergabe nicht berücksichtigt.
Wir verlangen die gemäss Norm möglichen Anteile von Recyclingmaterial in den Asphaltbelägen. Höhere Anteile sind nicht möglich, da sich die beteiligten Ingenieure und Unternehmer aus Gewährleistungsgründen auf die Normen berufen. Als kleines Land halten wir uns an bewährte und in Fachkreisen empfohlene Produkte.
Von den Ingenieuren erwarten wir eine möglichst effiziente Planung. Im Hinblick auf geringe Verkehrsbehinderungen durch unsere Baustellen ist eine effiziente Bauausführung für uns sehr wichtig. Die Kriterien wie Material- und Maschineneinsatz, Tages- bzw. Nachtarbeit sowie die Termine sind Vorgaben in der Ausschreibung und damit Eignungskriterien. Zusätzliche Vergabekriterien wenden wir in der Regel nicht an.»
MOAG Baustoffe
Holding AG
Spühlstrasse 4
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