Der Kanton Thurgau will Abfallströme bewusst und nachhaltig wiederverwerten und damit die natürlichen Ressourcen schonen. Mit Regierungsratsbeschluss gelangte 2018 das Konzept für den Einsatz von Recyclingmaterial im Hoch- und Tiefbau in die Umsetzung. Ein Leuchtturmprojekt auf der Strecke Engishofen – Oberaach gibt nun die Richtung vor.
«Das persönliche Engagement der Beteiligten war enorm.»
Die Kantonsstrasse K 117 zwischen Engishofen und Oberaach ist 6 Meter breit und 1,2 Kilometer lang. Dieser Streckenabschnitt war zur Sanierung vorgesehen, und gleichzeitig sollte hier ein neuer Velo- und Gehweg von 2,5 Meter Breite entstehen. Das geplante Bauprojekt war wie geschaffen dafür, die neue Thurgauer Guideline für den Einsatz von Recyclingmaterial im Tiefbau erstmals zu testen. «Wir wollten ein Pilotprojekt ausserhalb der Normen realisieren, um zu zeigen, dass wir unsere Verantwortung wahrnehmen», sagt Benedikt Eberle, Abteilungsleiter Strassenbau beim Tiefbauamt des Kantons Thurgau.
Das Baustoffrecyclingkonzept des Kantons Thurgau will, dass bei künftigen Projekten im Hoch- und Tiefbau möglichst viele Recyclingbaustoffe zum Einsatz kommen. Zudem sollen alle Abbruchmaterialien, die nicht mit Schadstoffen belastet sind, wiederaufbereitet werden und möglichst zurück in den Produktionskreislauf gelangen.
Vom alten Strassenbelag auf der Strecke wurden insgesamt 1650 Tonnen Ausbruchasphalt weggetragen. Davon gelangten rund 1160 Tonnen in die Wiederverwertung. Das sind rund zwei Drittel. Auf der Deponie landeten 490 Tonnen. Dieser Altbelag wies für die Wiederverwertung zu hohe PAK-Werte auf. «Zu stark belastete Beläge müssen wir ordentlich entsorgen und enddeponieren. Wir wollen den nächsten Generationen keine Altlasten hinterlassen», erklärt Benedikt Eberle. Er schätzt, dass im Kanton Thurgau bis 2030 sämtlicher Ausbauasphalt der Wiederverwertung zugeführt wird und nur noch wenige stark belastete und alte Belagsabschnitte entsorgt werden müssen.
«Wir waren ermutigt, hier ein bisschen weiter zu gehen.»
Ruck in der Branche
Insgesamt konnte das Projektteam die hochgesteckten Ziele mehr als erreichen. Auf der Fahrbahn und dem neuen Veloweg wurden total 2943 Tonnen Asphaltbeläge eingebaut: Beim Velo- und Gehweg betrug der Recyclinganteil bis 90 Prozent bei der Binderschicht und 50 Prozent bei der Deckschicht. Bei der Fahrbahn ausserorts setzte das Bauunternehmen in der Binderschicht 80 Prozent Recyclingmaterial ein, in der Deckschicht wurde ein zusätzlicher Versuch mit 50 Prozent Sekundärsplitt vorgenommen. Dabei war besonders wichtig, dass die Qualität stimmt: «Natürlich können wir die Dauerhaftigkeit des Belags erst in fünf bis zehn Jahren abschliessend beurteilen. Zum Beispiel, ob Spurrinnen entstehen. Oder ob Frost und andere Umwelteinflüsse ihre Spuren hinterlassen. Aus den ersten Erfahrungen können wir jedoch schon heute erahnen, dass uns die Belagsqualität kaum negativ überraschen wird.»
Benedikt Eberle ist rundum zufrieden mit dem Resultat. Die Materialbilanz ist erfolgreich, und der Kanton konnte auf Fahrbahn und Veloweg fast die doppelte Menge Recyclingmaterial einsetzen, als aus der alten Fahrbahn ausgebaut wurde. Besonders freut den Leiter Strassenbau, dass das Projekt einen Ruck in der Branche ausgelöst hat:
«Das persönliche Engagement der Beteiligten, sowohl vonseiten des Kantons als auch des Planers, des Strassenbauunternehmens und des Belagswerks war enorm. Die Motivation ist überall hoch, weitere solche Projekte zu realisieren.» Zudem sei das Echo auch bei den Gemeinden positiv. «Viele sagten uns, dass sie nun ebenfalls solche Projekte ins Auge fassen.»
Ganz auf Recycling eingestimmt
Der Kanton Thurgau plant in den nächsten vier Jahren bereits 14 weitere nachhaltige Vorzeigeprojekte im Strassenbau. Das grösste darunter ist die Sanierung der Kantonsstrasse zwischen Hörhausen und Hörstetten. Auch hier entsteht ein neuer Velo- und Gehweg mit möglichst viel Recyclingasphalt. Projektsumme für die Sanierung und den Bau des Velowegs: zehn Millionen Franken. «Wir planen zudem einen Pilotversuch auf einer Hauptverkehrsstrasse», sagt Benedikt Eberle und betont: «Wir gehen diesen Weg weiter. Und gerade mit einer mechanischen Aufbereitungsmethode, wie sie die MOAG kürzlich präsentierte, kann ich mir vorstellen, dass wir in Zukunft noch viel höhere Recyclingquoten beim Belagseinbau erzielen können.»
«Wir planen einen Pilotversuch auf einer Hauptverkehrsstrasse.»
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