Unsere Strassen sind wahre Bodenschätze. Sie sind unsere Rohstoffe der Zukunft. Wir sind der Meinung, dass wir den in unseren Schweizer Strassennetzen eingebauten Asphalt nach Ablauf der Haltedauer weiter nutzen sollten – unbedingt! Die Technologie dazu ist vorhanden, wie die MOAG Baustoffe Holding AG aufzeigt. Jetzt müssen wir es einfach tun. Mischgutproduzenten, Bauherren, Ingenieure und Bauunternehmen – wir alle stehen in der Pflicht, eine Kreislaufwirtschaft im Strassenbau zu ermöglichen. Sie ist nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich.

«Es braucht mutige und verantwortungsbewusste Unternehmer:innen, die auf eine nachhaltige Entwicklung anstelle eines schnellen Profits setzen.»

«Wir schwatzen nicht über Kreislaufwirtschaft, wir setzen sie um. In den letzten Jahren haben wir Millionenbeträge in die Kreislaufwirtschaft investiert. Weil wir daran glauben.»

«Wir sind den nächsten Generationen verpflichtet. Primärbaustoffe sind endlich, darum verwenden wir möglichst viel Recyclingmaterial – unter Voraussetzung, dass die Qualität stimmt.»

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Rohstoffe der Zukunft

Im Jahr 2021 betrug die Länge der Schweizer Nationalstrassen, der Kantons- und der Gemeindesstrassen insgesamt 84’114 Kilometer. Hier liegt buchstäblich enorm viel Potential auf der Strasse oder genauer, im Strassenbelag. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt: rezyklierte Baustoffe für neue Strassen oder Gebäude zu verwenden, liegt im Trend.

«Gegenüber einem genormten Belag mit einem höheren Anteil an Primärrohstoffen stellten wir beim Einbau des Recyclingasphalts keine signifikanten Unterschiede fest.»

An der Spinnereistrasse in Rapperswil-Jona am Zürichsee wird auf einem 300 Meter langen Abschnitt ein neuer Belag eingebaut. Das Material besteht zu 80 Prozent aus Recyclingasphalt. Der Bauleiter Stefan Bachmann ist zufrieden mit der Arbeit: «Wir konnten den Belag gut verarbeiten. Gegenüber einem genormten Belag mit einem höheren Anteil an Primärrohstoffen stellten wir beim Einbau keine signifikanten Unterschiede fest.»

Die Strasse als Bodenschatz
Werden wie in Rapperswil bestehende Strassenbeläge ersetzt, ist das eine Chance, den Ausbruchasphalt aus alten Strassen wieder zu nutzen. Das Recyclingmaterial wird in Zeiten knapper werdender Ressourcen zur unverzichtbaren Alternative. Mit der Wiederwendung der Baustoffe trägt die Asphaltindustrie zu einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen bei.
Der Trend geht in die richtige Richtung. Dies zeigt ein Blick in die Statistik, die von der European Asphalt Pavement Association (EAPA) veröffentlicht wird. Zwischen 2001 und 2018 ist der durchschnittliche Anteil von Recyclingasphalt im neuen Mischgut von etwa 25 auf gegen 60 Prozent angestiegen. In der Schweiz liegt dieser Anteil aktuell noch bei durchschnittlich 40 Prozent. Ein Grund für die tieferen Zahlen in der Schweiz sind bestehende Normen, die den Einbau von Recyclingasphalt bremsen.

Thema in gesamter Bauindustrie
Aktuell setzen Städte und Kantone immer stärker auf Nachhaltigkeit. Die Rohstoffe aus alten Gebäuden und Strassenbelägen sollen möglichst vollständig wiederverwertet werden, lautet das Credo. In der Schweiz fallen pro Jahr rund 15 Millionen Tonnen Bauschutt an. Kies, Sand oder Bitumen sind darin versteckt, Rohstoffe also, die man zum grossen Teil wieder für andere Bauten nutzen könnte, sowohl im Tief- als auch im Hochbau. Aus ökologischen Gründen wird heute bei Neubauprojekten zunehmend auf Recyclingbeton gesetzt. Dies geschieht freiwillig, gesetzliche Vorschriften gibt es diesbezüglich noch keine.

«Wir möchten mit gutem Beispiel vorangehen. Mit solchen Projekten können wir viel zur Kreislaufwirtschaft beitragen.»

Vorbildliches Rapperswil-Jona
Trotzdem entscheiden sich Städte wie Rapperswil-Jona bewusst für die nachhaltige Variante. «Recyclingmaterialien und generell die Nachhaltigkeit sind uns wichtig, deshalb unterstützen wir auch beim Bau von Strassen bewusst innovative, zukunftsgerichtete Projekte», sagt Yanick Meier, Leiter Infrastruktur bei der Stadtverwaltung Rapperswil-Jona. Mit der Sanierung der Spinnereistrasse in Rapperswil-Jona ist ein guter Anfang gemacht. Rapperswil-Jona will künftig noch stärker auf Recycling-Asphalt setzen: «Wir möchten mit gutem Beispiel vorangehen. Mit solchen Projekten können wir viel zur Kreislaufwirtschaft beitragen.»

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Jetzt ist es so weit

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In diesen Tagen geht die neue Gesamtanlage der MOAG in Mörschwil in Betrieb. Sie besteht aus dem neuen Brecher inklusive Siebanlage, der total sanierten und erweiterten Asphaltanlage und den automatisierten Förderanlagen.

Die neue Gesamtanlage der MOAG in Mörschwil ermöglicht es, den Recyclinganteil im Mischgut von bisher durchschnittlich 40 auf 80 Prozent zu erhöhen. Das ist europaweit ein Spitzenwert. Die Grundlage dafür schafft die neue Brecheranlage, die von der österreichischen SBM Mineral Processing GmbH in Zusammenarbeit mit der MOAG entwickelt wurde. Der neue Brecher zerkleinert den Ausbruchasphalt, reinigt ihn vom Bitumen ab, sortiert ihn über die integrierte Siebanlage und bereitet ihn so auf, dass er – wie neues Gestein – dem Mischgut wieder beigefügt werden kann. Über Förderanlagen wird der sogenannte Sekundärrohstoff der erweiterten und modernisierten Asphaltanlage zugeführt.

Während des Umbaus hat die MOAG auch die Asphaltanlage um einen Zufuhrbereich erweitert, in dem das Material aus dem neuen Brecher dem Mischgut beigefügt wird. Gleichzeitig hat sie einen Heizgaserzeuger eingebaut, der weniger Emissionen beim Aufwärmen des Recyclingmaterials verursacht. Im Zuge der Arbeiten hat das Team in Mörschwil ausserdem die elektrischen Installationen erneuert, einen Stromtransformator mit effizienterem Wirkungsgrad in Betrieb genommen und die Asphaltanlage an das neueste Steuerungssystem angeschlossen. Die Modernisierung des Werks in Mörschwil macht es möglich, den Recyclinganteil im Mischgut – nach der Zugabe des herkömmlichen Ausbruchasphalts – um weitere 20 Prozent zu erhöhen. Und sie steigert die Effizienz erheblich: Das Werk kann nun nahezu doppelt so viel Mischgut produzieren. In die Gesamterneuerung investierte die MOAG knapp 13 Millionen Franken.

2016 bis 2021

Entwicklung und Aufbau der neuen Brecheranlage

März 2021

Erste Versuche mit dem neu installierten Brecher

April 2021

Inbetriebnahme des automatisierten Brechersystems inklusive Förderanlagen

Juli bis Dezember 2021

Laufende Optimierung des Systems, Erhöhung des Recyclinganteils

November 2021

Start Umbau und Sanierung der Asphaltanlage in Mörschwil

April 2022

Inbetriebnahme des Gesamtsystems

Was ist Kreislaufwirtschaft?

Teilen, tauschen, reparieren, wiederverwenden, wiederverwerten: Das alles sind Aspekte der Kreislaufwirtschaft. In ihr bleiben Produkte und Materialien möglichst lange im Umlauf. Dadurch werden weniger Primärrohstoffe verbraucht und es fällt weniger Abfall an.

Eine Kreislaufwirtschaft – auch «Circular Economy» genannt – zeichnet sich gemäss Definition des Bundesamts für Umwelt dadurch aus, dass Rohstoffe effizient und so lange wie möglich genutzt werden. Die Idee dabei ist, die Nutzungs- und Lebensdauer von Produkten zu erhöhen, indem sie geteilt, wiederverwendet, repariert und wiederaufbereitet werden. Im Gegensatz dazu werden im linearen Wirtschaftssystem Rohstoffe abgebaut, Produkte hergestellt, verkauft, konsumiert und weggeworfen. Das führt zu Rohstoffverknappung, Emissionen, grossen Abfallmengen und damit verbundenen Umweltbelastungen.

Kreislaufwirtschaft ist ein ganzheitlicher Ansatz, der den gesamten Produktionszyklus betrachtet: Von der Rohstoffgewinnung über das Design, die Produktion und die Distribution eines Produkts bis zu seiner möglichst langen Nutzungsphase und zum Recycling. Dabei geht es nicht nur um die verlängerte Produktlebensdauer, sondern auch um einen geringeren Energieverbrauch und eine möglichst schlanke Logistik mit kurzen Transportwegen. Damit soll zur Rohstoffsicherheit und einen möglichst geringen ökologischen Fussabdruck beigetragen werden.

Die Nachfolgende Grafik des Bundesamts für Umwelt illustriert, welche Aspekte in eine Kreislaufwirtschaft einfliessen:

Eigene Darstellung gemäss Grafik des Bundesamts für Umwelt 2019

«Weil wir daran glauben»

Bild Markus Blum, Geschäftsführer der MOAG Baustoffe AG

Markus Blum (63) ist seit dem Jahr 2000 Geschäftsführer der MOAG Baustoffe AG. Er hat an der Fachhochschule Konstanz Bauingenieurwesen studiert und danach in verschiedenen Strassenbaufirmen gearbeitet. Markus Blum ist im Vorstand von asphaltsuisse, dem Schweizerischen Fachverband für die Asphaltindustrie. Er wohnt mit seiner Frau in Mörschwil und hat zwei erwachsene Kinder.

Die Kreislaufwirtschaft soll auch in der Bauwirtschaft gefördert werden. Das ist die klare Haltung der jungen Generation. Konsument:innen und die Politik stehen in der Pflicht – aber auch die Wirtschaft. Welches Verhalten die MOAG an den Tag legt, verrät Markus Blum.

Markus Blum, die junge Generation setzt vermehrt auf Teilen, Tauschen und Weitergeben anstelle von Wegwerfen und neu Kaufen. Wie halten Sie es persönlich mit der Nachhaltigkeit?

Ich mache das, was ich machen kann. Zuhause sind wir daran, die Heizung zu sanieren, und wir installieren eine Photovoltaikanlage. Seit einem Jahr fahre ich ein Hybridauto und lade es jede Nacht auf. Ich habe noch 30 bis 40 Prozent des Fleischkonsums von früher, und wir machen Urlaub in der Region. Wir fliegen fast nie. Das war schon vor Corona und vor den aktuellen Klimadiskussionen so. Ich bin der Meinung, wenn man das Geld hier in der Schweiz verdient, sollte man es auch hier wieder ausgeben.

Die Jungen fordern von Unternehmen, dass auch sie aktiv werden, wenn es um Massnahmen zur Kreislaufwirtschaft geht. Wie nehmen Sie das wahr?
Wir schwatzen nicht über Kreislaufwirtschaft, wir setzen sie um. Und das in einem deutlichen Ausmass. Wir haben in den letzten Jahren an den Standorten Uzwil, Sennwald und jetzt Mörschwil Millionenbeträge in die Nachhaltigkeit und die Kreislaufwirtschaft investiert. Weil wir daran glauben.

Wenn nicht die aktuelle Klimadiskussion, was gab den Anstoss dazu?
Heute werden fast keine Strassen mehr neu gebaut. Es gibt praktisch nur noch Sanierungen. Das heisst, wir müssen alte Beläge abbrechen. Und hier kommt schon der Haken: Wir bekommen 100 Prozent Abbruchmaterial und können nur 60 Prozent wiederverwenden. Schweizweit, sogar europaweit, gibt es Millionen Tonnen überschüssigen Altasphalts. Alle überlegen, was man machen könnte. Man muss sich bewusst sein, das ist unglaublich wertvolles Material. Es hat Strassensplitt drin, Strassenbitumen, und das soll man wegwerfen?
Dazu kommt, die MOAG gehört den Strassenbaufirmen. So ist es an uns, unseren Aktionären Lösungen anzubieten. Wir müssen garantieren, dass sie den Ausbauasphalt zu uns bringen können. Folglich sind wir in der Pflicht, mit dem Material etwas Schlaues zu machen. Das ruft förmlich nach einer Kreislaufwirtschaft.

Die MOAG präsentiert eine Anlage – eine Innovation – dank der der Anteil Altasphalt in Strassenbelägen von 40 auf 80 Prozent erhöht werden kann. Wie ist das möglich?
Durch unsere grossen Investitionen. In die komplette neue Anlage in Mörschwil, bestehend aus Brecher, Mischer und automatisierter Peripherie, investierten wir fast 13 Millionen Franken.

Was genau passiert nun mit dem alten Asphalt?
Wie bei einem herkömmlichen Brecher wird auch in der neuen Anlage das Material in verschiedene Korngrössen zerkleinert. Unser Brecher reinigt das Material aber zusätzlich vom Bitumen ab und sortiert sie, sodass die Steine am Schluss so gut wie neu sind. Sie sind gleichwertig wie frisches Material und können als Skundärrohstoff dem neuen Mischgut beigefügt werden.
Das ist aber nur der eine Teil. Hinzu kommt, dass wir das aufbereitete Material automatisiert über Förderbänder wieder dem neuen Mischgut zufügen können, ohne dass wir 17 Pneulader und 24 Mitarbeiter brauchen. Die wirkliche Einzigartigkeit ist diese Verknüpfung. Es ist einfach von A bis Z eine gefreute Sache.

Wie ist es möglich, dass Sie so eine Recyclingquote von 80 Prozent erreichen können?
Man muss differenzieren: 80 Prozent können wir dann beimischen, wenn der alte Asphalt aufbereitet wurde und dadurch gleichwertig wie neues Material ist. Der Anteil herkömmlichen Recyclingmaterials bleibt bei maximal 60 Prozent. Wir aber können weitere 20 Prozent von unserem selbst gewonnenen Sekundärrohstoff hinzufügen.

Ergeben die Investitionen auch wirtschaftlich Sinn?
Hier sprechen Sie etwas ganz Wichtiges an. Die ökologische Nachhaltigkeit ist uns natürlich wichtig, aber wir können sie erst dann erreichen, wenn wir die wirtschaftliche Nachhaltigkeit haben. Sie ist die Grundvoraussetzung. Ich finde das selbstverständlich. Schliesslich wollen wir Gewinn erwirtschaften, damit wir in drei bis fünf Jahren vielleicht wieder investieren können. Nachhaltigkeit kostet viel Geld. Und dieses Geld müssen wir – im Gegensatz zum Staat – selber verdienen.

Ist das Mischgut mit hohem Recyclinganteil also gleich wirtschaftlich wie herkömmlicher Asphalt?
Das Produkt selber können wir mit dem bestehenden Ausbruchasphalt vielleicht etwas kostengünstiger produzieren. Aber wenn wir die Investitionen einrechnen, sind die Produkte, die wir mit der neuen Anlage herstellen, gleich rentabel, wie die, die wir vor zehn Jahren produziert haben.

Die Qualitätsansprüche an Schweizer Strassen sind hoch. Macht man mit Recyclingasphalt keine Abstriche?
Wir müssen natürlich die Normwerte erfüllen, ob Recyclingmaterial beigemischt wird oder nicht. Den Besteller interessiert das nicht. Er will ein qualitativ hochstehendes Produkt. Wie wir das produzieren, ist ihm egal. Er hat zehn bis zwölf Werte, die er überprüft. Und wenn die stimmen, ist es für ihn okay.

Die heutige Belagsnorm der Schweizerischen Normen-Vereinigung schreibt vor, wie viel Recyclingmaterial in neuen Strassenbelägen verwendet werden darf: bei Tragschichten maximal 60 Prozent, bei Binderschichten 30 Prozent und in Deckschichten 0 bis 20 Prozent. Entspricht das dem heute Machbaren?
Machbar ist mehr. Bei den Tragschichten sind 60 Prozent okay, bei den Binderschichten könnte man den Anteil problemlos auf 50 Prozent erhöhen. Bei Deckschichten mit normalen Anforderungen könnte man ebenfalls bis 50 Prozent beimischen und bei Spezialdeckschichten bis 30 Prozent. Man weiss aus jahrelanger Erfahrung, dass man viel mehr könnte, als die Norm eigentlich zulässt. Ohne Abstriche in Sachen Qualität oder Langlebigkeit der Beläge.

Damit sagen Sie, dass die Normen dem effektiv Sinnvollen und Möglichen hinterherhinken?
Ja, das ist so. Aber da tut sich einiges. Wir Unternehmen kommen mit unserem Anliegen so langsam durch.

Was müsste aus Ihrer Sicht auf politischer Ebene passieren, damit eine Kreislaufwirtschaft im Bereich Strassenbau möglich würde?
Ganz einfach: Die Aufträge müssten entsprechend ausgeschrieben werden, und die Vorgaben zum Recycling müssten in die Beurteilungen einfliessen, die schlussendlich zum Auftrag führen. Ich meine damit, es müsste am Schluss derjenige den Auftrag erhalten, der am meisten Kreislaufwirtschaft sicherstellt. Heute läuft es leider meist so, dass einfach der billigste Anbieter gewinnt.

Wo würden Sie den Hebel am ehesten ansetzen, um das zu ändern?

Die Infrastruktur ist eine öffentliche Angelegenheit, das heisst, hier stehen die Gemeinden, Kantone und der Bund in der Pflicht. Die Beamtenwelt ist leider eine eher träge Welt.

Heisst das, dass es an der Bereitschaft der Stadtplaner:innen, Ingenieur:innen und Bauherrschaften fehlt, die neuen Lösungen vermehrt einzusetzen?
Eben genau hier liegt der Hund begraben.

Wie leistet die MOAG Überzeugungsarbeit?
Wir haben unsere Magazin, «der asphaltprofi», und thematisieren die Kreislaufwirtschaft dort. Wir haben bei der MOAG zudem ein Herbstseminar, zu dem wir Verantwortliche aus allen Bereichen einladen und ihnen aufzeigen, was alles möglich ist. Wir versuchen zudem, unser Anliegen in persönlichen Gesprächen einzubringen.

2021 hat die MOAG im Werk Mörschwil 165’800 Tonnen Mischgut produziert und darin 78’400 Tonnen Altasphalt aufbereitet. Das sind 47 Prozent Recyclingmaterial. Wie sieht dieser Anteil in Zukunft aus?
Wir haben bereits angefangen, den Anteil sukzessive zu erhöhen. Für 2022 ist unser Ziel, den Recyclinganteil auf 60 bis 65 Prozent anzuheben, 2023 möchten wir bereits 70 bis 80 Prozent erreichen.  

Werden unsere Strassen irgendwann zu 100 Prozent aus Recyclingasphalt bestehen?
Mit unserer neuen Anlage können wir ganz nah daran herankommen. Ich denke, dass wir in Mörschwil irgendwann nur noch 5 bis 10 Prozent Neumaterial brauchen. Wer weiss, vielleicht haben wir plötzlich zu wenig Ausbauasphalt. Einen kleinen Anteil frisches Bitumen wird es aber auch in Zukunft brauchen, damit wir die Elastizität erreichen, die wir in den Strassenbelägen brauchen. Spannend wird es ab 2050, wenn die Welt ölfrei ist. Vielleicht wird es bis dann synthetische Alternativen zum Bindemittel Bitumen geben. Auch der nächsten Generation werden die Themen nicht ausgehen.

Was denken Sie, wenn die heute 20-Jährigen einmal 50 sind, wie sieht die Welt dann aus?
Ich hoffe sehr, dass ein grosser Anteil der heute 20-Jährigen im Verlauf ihres Lebens merken wird, dass die ökologische Nachhaltigkeit ohne finanzielle Überlegungen nicht zu meistern ist.

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Generation Kreislauf

Wegwerfen ist out, Secondhand- und Tauschbörsen sind in. Junge Erwachsene machen sich Sorgen um den Zustand der Welt. Und sie repräsentieren eine neue Konsumentengruppe, die Produzenten ihre Grenzen aufzeigt und sie in die Pflicht nimmt. Auch die Baubranche spürt den Wandel. Über Urban-Mining-Prinzipien, Caterpillar-Momente und echten wirtschaftlichen Nutzen.

«Junge Menschen werden die Zukunft auf Unternehmensebene entscheidend mitgestalten.»

Teilen, tauschen, reparieren, weitergeben. Die Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, Produkte möglichst lange im Umlauf zu halten.

Man nennt sie Generation Z, die zwischen 1996 und 2012 Geborenen, die jetzt zwischen 10 und 26 Jahre alt sind. Sie werden aktuell eingehend erforscht, denn schliesslich sind sie die Kaufkräftigen von morgen. Was sie charakterisiert: Sie sind stets online, und sie sind politischer als ihre Vorgeneration. Sie wollen höchste Flexibilität, wenn es ums Arbeiten geht, und Geld ist ihnen nicht so wichtig.

Umso bestimmender in ihrem Alltag sind persönliche Werte. Sie sorgen sich um den ökologischen Zustand der Welt und interessieren sich für nachhaltige Themen: «Sie schreiten schnell zur Tat», sagt Professorin Johanna Gollnhofer vom Institut für Marketing und Customer Insight an der Universität St.Gallen. «Zwar sieht man den Trend zum nachhaltigen Konsum nicht mehr nur bei den Jungen. Auch von den über 50-Jährigen kauft über die Hälfte sehr bewusst ein», sagt die Konsumentenforscherin. «Die ganz Jungen aber pushen stärker.»

Von der Nachhaltigkeit zur Kreislaufwirtschaft
Haben erst Nahrungsmittel überwogen, ist der Trend für mehr Nachhaltigkeit in den letzten Jahren auf die komplette Konsumgüterindustrie übergeschwappt: Elektronik, Kosmetik, Kleidung – überall strengen sich Hersteller an, nachhaltigere Produkte auf den Markt zu bringen. Die Konsument:innen beobachten auch Dienstleister, Bauunternehmen und Infrastrukturanbieter genau – komplette Wertschöpfungsketten stehen im Fokus, wenn es um Kaufentscheide geht.

«Irgendwann werden Unternehmen, die sich nicht zirkulärer ausrichten, ihre Produkte nicht mehr verkaufen können.»

Den Lebenszyklus verlängern
Ein Vorzeigeunternehmen im Bereich der Kreislaufwirtschaft ist der Baumaschinenhersteller Caterpillar. Gemäss eigenen Angaben des US-amerikanischen Unternehmens landen fast 90 Prozent seiner Baumaschinen nach Ablauf des Lebenszyklus wieder in den eigenen Werken, wo sie auseinandergeschraubt, Teil für Teil überholt und mit neuen Komponenten versehen werden. So wird ein Grossteil des Altmaterials wiederverwendet, noch bevor es in einen aufwendigen Recyclingprozess gelangt.

Der im Dezember 2021 publizierte «Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft» zeigt auf, dass sich hierzulande noch nicht so viele Unternehmen in diese Richtung weiterentwickeln. Gemäss der Studie, die Forscher:innen der Berner Fachhochschule in Zusammenarbeit mit der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich durchführten, haben hierzulande erst 10 Prozent der Unternehmen substanziell Massnahmen ergriffen, um die Kreislaufwirtschaft auf Unternehmensebene umzusetzen. Die von diesen Unternehmen eingeführten Massnahmen reichen vom Einkauf einer Infrastruktur mit langer Lebensdauer über den Wiederverkauf von nicht mehr genutzten Materialien, der Verlängerung der Produktlebensdauer bis hin zu verbesserten Reparaturserviceleistungen. «Die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft ist für Unternehmen ein länger dauernder Prozess», sagt Professor Tobias Stucki, Co-Leiter des Instituts Sustainable Business an der Berner Fachhochschule. «Für ein Start-up ist es einfacher. Es kann von Anfang an ein Geschäftsmodell aufbauen, das auf einer Kreislaufwirtschaft beruht. Etablierte Unternehmen müssen bestehende Prozesse, Produkte und Organisationen verändern, was unter Umständen ein langwieriger Prozess sein kann.»

«Es ist ein Konzept, an das sich ein Unternehmen Schritt für Schritt herantasten muss.»

Bauabfälle werden zu neuen Baustoffen
Und doch gebe es Leuchttürme. Als ein solches Unternehmen nennt Stucki die Eberhard Unternehmungen mit Hauptsitz in Kloten ZH. Das Bauunternehmen hat bereits vor 40 Jahren begonnen, sich in Richtung Kreislaufwirtschaft nach dem Urban-Mining-Prinzip zu entwickeln. Es hat damals die erste stationäre Anlage für die Aufbereitung von Bauabfällen in Betrieb genommen. Mittlerweile kann Eberhard Baustoffe aus dem Rückbau von Gebäuden praktisch zu 100 Prozent wiederverwenden.

«Solche Unternehmen sind enorm wichtig, um eine Branche voranzubringen», sagt Stucki. Denn der Umstieg ist nicht ohne Kosten zu bewerkstelligen. «Es ist in erster Linie eine Frage der Innovationsleistung. Man muss in grösseren Dimensionen denken, interne Prozesse neu definieren und mit Firmen über die eigene Branche hinaus zusammenarbeiten. Es ist ein Konzept, an das sich ein Unternehmen Schritt für Schritt herantasten muss. Und das geht nicht von heute auf morgen.» Umso wichtiger sei es, dass es solche Vorreiter gebe, die zeigen das es möglich ist.

Es lohnt sich auch finanziell
Stucki ist überzeugt, wer in die Kreislaufwirtschaft investiert, hat langfristig auch einen wirtschaftlichen Nutzen: «Einerseits geht es um eine effiziente Ressourcennutzung. Und mit einer solchen lassen sich Kosten sparen. Dazu kommt, dass sowohl der politische als auch der Druck von Verbraucher:innen steigen wird. Irgendwann werden Unternehmen, die sich nicht zirkulär ausrichten, ihre Produkte nicht mehr verkaufen können.»

Johanna Gollnhofer von der Universität St.Gallen macht noch einen weiteren Aspekt geltend: «Die persönlichen Werte der Konsument:innen fliessen schon jetzt in die Unternehmen ein. Denn überall arbeiten Menschen, die ihre Überzeugungen mit an den Arbeitsplatz bringen. Sie fördern die Kreislaufwirtschaft als Mitarbeitende, im Einkauf, in der Produktion, im Vertrieb. Gerade junge Menschen werden so die Zukunft auf Unternehmensebene entscheidend mitgestalten.»

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So funktioniert’s

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Wird eine alte Strasse saniert, fällt Ausbauasphalt an. Diesen transportieren die Strassenbauunternehmen in die Werke der Mischgutproduzenten.

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Die ausgebauten Belagsstücke werden in den Werken gelagert. Europaweit liegen Millionen Tonnen solcher Asphaltberge. In der MOAG in Mörschwil wird dieser Rohstoff bereits zu einem grossen Teil wiederverwertet und der Anteil Recyclingmaterial wird laufend erhöht.

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Im Vorbrecher werden die alten Strassenbrocken grob zerkleinert.

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Im Vertikalbrecher wird das bereits zerkleinerte Gestein in einer Trommel horizontal geschleudert. An der Wand baut sich ein Materialbett auf; die gröberen Steine reiben sich mechanisch aneinander und werden so vom Bitumen befreit.

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Das Material gelangt in die Siebanlage, wo das Gestein vom feineren Asphaltgranulat getrennt wird. Kies sowie Asphaltgranulat werden in verschiedene Korngrössen sortiert. Das Gestein ist qualitativ gleichwertig wie frisches Kies und wird als Sekundärrohstoff wiederverwertet. Auch das Asphaltgranulat gelangt zu 100 % als Recyclingmaterial wieder in neue Strassenbeläge.

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Über das automatisierte Fördersystem werden sowohl Gestein als auch Asphaltgranulat der eigentlichen Asphaltanlage zugeführt, wo neues Mischgut aufbereitet wird.

In der Asphaltanlage wird das Mischgut hergestellt. Über Dosieranlagen gelangt das Gestein in die Trockentrommel. Hier verdampft die Feuchtigkeit und das Gestein wird aufgewärmt. Im Mischturm erfolgt die genaue Dosierung der Kornzusammensetzung und das heisse Bitumen wird beigefügt. Die fertige Mischung verlässt das Werk bei Temperaturen zwischen 160 und 170 Grad Celsius.

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Die Strassenbaufirmen holen das Mischgut mit LKWs ab und bringen es zur Baustelle. Das muss schnell gehen, damit sich das Mischgut auf dem Weg nicht abkühlt. Die Mischguttemperatur ist für die Einbauqualität und der sich daraus ergebenden Nutzungsdauer der Strasse von grosser Bedeutung.

Immer noch heiss gelangt das Mischgut auf die Baustelle, wo es sofort verarbeitet wird. Die ideale Temperatur beim Belagseinbau beträgt 165 Grad Celsius. Vom Lastwagen wird das Material in den Einbaufertiger gekippt. Die Walzen verdichten das Mischgut zu einem perfekten Belag, der im Idealfall 30 Jahre hält.

Kontakt

MOAG Baustoffe
Holding AG

Spühlstrasse 4
9016 St. Gallen

Tel. 071 242 79 99
Fax 071 242 79 90