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«Ideologische Widerstände blockieren uns»

Sicherheit in der Mobilität ist auch ein politisches Thema. Einerseits geht es darum, mit Gesetzen die Verkehrssicherheit zu verbessern. Andererseits ist es die Aufgabe der Politik, die Verkehrsinfrastruktur zu unterhalten und auszubauen. der asphaltprofi sprach mit dem St. Galler Ständerat Beni Würth über langsame Bewilligungsverfahren und unsere fünfte Landessprache.

Beni Würth, was denken Sie beim Stichwort Mobilität?

Mir kommt aktuell die Digitalisierung in den Sinn. Sie wird die Vernetzung der Verkehrsträger Auto, ÖV und Velo stark voranbringen. Die Mobilität müssen wir als Ganzes anschauen und dürfen die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen.

Genügen die Mittel zur Finanzierung von Strassenbauprojekten?

Ja. Die Schwierigkeit liegt bei der Umsetzung. Strassenbauprojekte sind sehr komplex geworden und dauern immer länger. Zuerst müssen erhebliche Ressourcen für die Erarbeitung eines politischen Konsenses erzielt werden. Dann kommen Verzögerungen wegen der fünften Landessprache, der «Ein-Sprache». Im Kantonsrat habe ich mich immer dagegen gewehrt, dass wir Geld im Strassenfonds bunkern. Wir müssen den Fokus auf die Entwicklung rechtskräftiger Projekte legen. An der Finanzierung scheitern die Projekte nicht. 

Was meinen Sie mit «gegeneinander ausspielen»?

Ich meine, es gibt einen Teil des politischen Spektrums, der partout strassenseitige Engpässe nicht lösen will. Mit Widerstand, der rein ideologisch ist, habe ich grosse Mühe. Ich bin ja auch im ÖV tätig (die Red: Würth ist Verwaltungsratspräsident der Südostbahn SOB) und sehe, dass wir den Fokus auf Mobilitätsketten legen müssen, also auf die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger. Das bedeutet beispielsweise Entlastung der Städte durch regionale Mobilitätshubs.

«Ich finde es super, dass die MOAG eine Pionierrolle einnimmt und das Potenzial der Kreislaufwirtschaft nutzt.»

Eine ganz andere Frage: Die MOAG hat in Mörschwil die erste Anlage in Europa realisiert, welche die Recycling-Quote von Asphalt von 40 auf 80 Prozent erhöht. Wie beurteilen Sie das aus unternehmerischer Sicht – und aus politischer?

Ich finde es super, dass die MOAG eine Pionierrolle einnimmt und das Potenzial der Kreislaufwirtschaft nutzt. Die Verbesserung der Nachhaltigkeit ist bei allen Branchen ein Thema. Das ist ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll. Zudem bremst das die Regulierung:  Wenn die Politik realisiert, dass die Branchen selbst handeln, kann sich der Staat entsprechend zurücknehmen.

Welche Herausforderung sehen Sie hier speziell?

Wir realisieren leider erst langsam, dass die Abkehr von fossilen Energien heisst, dass wir in Zukunft viel mehr Strom brauchen. Diesen Strom müssen wir auch produzieren – und zwar möglichst nachhaltig. Das ist eine enorme Herausforderung. Dafür sind Kompromisse nötig. Viele visionäre Projekte für erneuerbare Energien bleiben wegen Einsprachen und Bedenken stecken. Wir erlebten dies schmerzlich beim Windpark im Linthgebiet oder beim Solarprojekt im stillgelegten Steinbruch am Walensee. So schaffen wir die Energiewende nicht.

Trotz aller Bemühungen mit Recycling-Asphalt und Niedertemperaturbelägen zahlt die MOAG sehr hohe Mineralölsteuern für die Herstellung von Asphalt. Weshalb wird ein Unternehmen nicht nach dem gesamten ökologischen Fussabdruck beurteilt?

Tatsächlich stehen wir in einem gewissen Spannungsfeld. Ich erwarte, dass die Ämter miteinander reden und die politische Führung solche Fälle breiter anschaut. Die grosse Frage bleibt: Wie schaffen wir den Umbau zu einem klimaneutralen Energiemix bei gleichzeitiger Gewährleistung der Versorgungssicherheit?

Beni Würth

Beni Würth ist 53 Jahre alt und seit 2020 St.Galler Ständerat. Er ist Mitglied der Mitte-Partei. Der HSG-Jurist war Stadtpräsident von Rapperswil-Jona und St.Galler Regierungsrat.

Unser Heftthema heisst: «Aber sicher!». Was ist in einem Politikerleben wirklich sicher?

Aus der Regierungstätigkeit habe ich nur eine «Sicherheit» mitgenommen und dabei eine Parallele zum Sport entdeckt. Der Erfolg hat viele Väter und Mütter – mit einem Misserfolg musst du allein fertig werden. 

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